Zillinger
Grüner Veltliner „Horizont“ 2022

Zillingers tiefgründige Sorten-Interpretation

Carmen und Herbert Zillinger sind so etwas wie die stillen Revoluzzer in Österreichs größtem Weinbaugebiet. Die schiere Größe von 15.800 Hektar Rebfläche, darunter der Löwenanteil der Paradesorte Grüner Veltliner, der im Nachbarland kultiviert wird, machen diesen Giganten aus. Die Region heißt zwar „Weinviertel“, doch man könnte sie analog zu ihrer DAC-Rebsorte auch getrost auf Grüner Veltliner umtaufen. Doch die Menge macht auch träge, denn die Nachfrage nach den „easy drinking“-Weinen in Hektoliter-Mengen ist groß. Mit diesen Dimensionen haben es die Zillingers aber nicht so. Schnell stand auch fest, dass sie ihre Weine bewusst ohne die Herkunftsbezeichnung DAC abfüllen wollten. Das gibt mehr Freiheiten, ohne sich dem Diktat einer „kommissionellen Verkostung“ (wie das schon klingt!) stellen zu müssen Denn, wie das Credo am Weingut in Ebenthal lautet, sollen die biodynamisch kultivierten Wein für sich selbst stehen. „Wenn sie so gefallen, wie sie sind, dann sind wir glücklich“, haben Carmen und Herbert Zillinger ihre eigenes Genuss-Kriterium abseits der Vermarktungszwänge definiert.

Melisse, Baby-Ananas, Walnuss – allesamt keine allzu typischen Duftnoten für einen Veltliner. Zumal auch Holunderblüten duftig im Hintergrund, um nicht zu sagen: am Horizont des „Horizont“, flirren. Doch Herbert Zillinger will keine Klischees bedienen. „Zisch-frische“ Sortenvertreter gibt es am Weinplanet der Rebsorte, den das Weinviertel darstellt, ohnehin schon genug. „Dreh und Trink“ nennt man sie in Österreich analog zu einer Kinderlimonade, die in den 1980er-Jahren äußerst beliebt war. Es gibt sie immer noch, so wie es auch belanglosen, mild-säuerlichen „GV“ gibt. Der 2022er stellt dagegen eine tiefgründige Frucht, die am Gaumen an Birne (Guyot), Melone (Cavaillon) und Ananas (Victoria) erinnert – das alles allerdings in kühler Ausprägung, die mit feinem Gerbstoff verbrämt wurde. Der herbe Nachhall bringt dann sogar einen Touch Kräutertee und Salbei mit. Erstaunlich, wie Österreichs weißes Heiligtum in dieser neuen Form zu gefallen weiß! Und zum Wiener Schnitzel, besser aber noch zum Backhenderl, funktioniert Zillingers Veltliner allemal. „Ur Leiwaund“, würde man in der Heimat dieses Weißweins sagen. Für Nicht-Austriaken: Das ist ein Höchstlob!

Ab sofort bis 2033.