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Vom Bienenstock zum Wunderwerk – ein fantastischer Rioja! 94 Punkte – TIM ATKIN (Rioja 2021 Special Report)
Wie der Name schon vermuten lässt, stammt dieser Rioja von der Einzellage „La Abejera“ (zu deutsch „Bienenstock“ oder „Bienenkorb“). Hinzu kam Frucht aus der ebenfalls in Elvillar in der Rioja Alavesa beheimateten Parzelle Valmayor. Die Weinberge des Ortes sind geprägt von hellem Kalkstein, in dem die Reben wurzeln. Valmayor wurde schon von David Sampedro Gils Großvater im Jahr 1929 bepflanzt. So wie es üblich ist in der Rioja, wurden die Reben in Gobelet erzogen, also in Buscherziehung. Genauso hat es David auch mit der Lage La Abejera gehalten, die er 1999 gepflanzt hat. In den letzten Jahren aber hat er die Reben umerzogen auf eine Einzelpfahlerziehung, wie es sie häufig im Burgund gibt. In beiden Parzellen steht Tempranillo, gemischt mit Graciano. Graciano ist zwar eine wenig bekannte, aber typische rote Rebsorte für die Rioja. Zynische Zungen behaupten, der Name stehe für „gracias no“ – „nein danke“ (was natürlich nicht stimmt), und man ahnt schon, woran das liegen könnte. Die Sorte ist eine Diva, die viel Pflege braucht und schon deshalb nur noch selten in den Weinbergen der Rioja zu finden ist, die heute zu einem erschreckend großen Teil auf Masse ausgelegt sind. Für David spielt der Graciano bei der Stilistik seines „Abejera“ jedoch eine entscheidende Rolle, die schon im betörenden Duft des Weines schnell offensichtlich wird. Graciano bringt eine kühle Kräuteraromatik in den Wein. Entscheidend ist aber noch ein zweiter Punkt; denn die Sorte sorgt zudem für Säure und damit für viel Zug am Gaumen. Neben je 40% Graciano und Tempranillo komplettieren Garnacha und die weiße Viura (jeweils 10%) diese Cuvée – ein geradezu klassizistischer Rioja tinto wenn man bedenkt, dass bei den legendären Reservas und Gran Reservas aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der Anteil an Graciano, Mazuelo und sogar Garnacha häufig höher war als der an Tempranillo. Und die „Zugabe“ zur Cuvée in Form von weißen Rebsorten war ebenso Usus: In jedem klassischen Weingarten der Rioja finden sich weiße neben roten Rebsorten.
David Sampedro Gils Weingut ist nach Demeter zertifiziert, er arbeitet also nach biodynamischen Richtlinien. Für ihn gehört dazu auch der weitestmögliche Verzicht auf technische Hilfsmittel, vor allem im Weinberg, sodass man dort das ganze Jahr über Pferde zu Gesicht bekommt, die Arbeit verrichten. Hinzu kommen selbst hergestellte Komposte und Präparate, die aus den Weinbergen im Laufe der Zeit Orte der Biodiversität gemacht haben und denen man ihre Gesundheit schon von weitem ansieht. Dort werden die Trauben per Hand gelesen, vorsortiert und in kleine Zehn-Kilo-Kisten gelegt, ins Weingut gebracht und noch einmal sortiert, bevor sie mit den Füßen leicht angequetscht werden, um danach spontan vergoren zu werden. Alles hier läuft nach klassischer Zubereitungsart ab. Der Wein wird nach der Mazeration leicht gepresst und dann für drei Jahre in 500-Liter-tonneaux gegeben, wo er reift, ohne dass diese Gebinde noch einmal neu aufgefüllt werden.
Was hier Jahr für Jahr aus der besonderen Kombination von Ort und Rebsorten entsteht, ist ein Rioja, der völlig eigenständig und einzigartig duftet. Eine Essenz von Saftig-herben Pflaumen, Schwarz- und Sauerkirschen, Himbeeren, von Zimt, Muskatnuss, Minze und anderen ätherischen Kräutern (ein Hauch von Pinimenthol), die fast gen Amaro, ja sogar Barolo Chinato duftet. Tatsächlich wirkt der Wein warm und kühl zugleich: reife, warme Fruchtnoten neben kühlen vegetabilen und kreidig-steiningen Elementen. Und das nicht nur im Duft, sondern ebenso am Gaumen, wo die schon erwähnten reifen, dabei saftig-frischen Steinfrüchte, dank hohem „Gewürzanteil“ vor Umami nur so strotzend in Erscheinung treten. Was dann aber tatsächlich an Fahrt aufnimmt, ist das Kräuterartige (jetzt insbesondere Salbei und Fenchel) und das „bläulich“ Kühle, das die warme und reife Frucht auf wunderbare Weise auffängt und perfekt kontrastiert. Hinzu kommt die Säure, die den Wein durchdringt und führt. Das Tannin schließlich ist kraftvoll, dabei von beeindruckender Noblesse. Der „Phinca Abejera“ ist ein schwelgerischer Wein, üppig und tief, klar und präzise, cremig und seidig. Für uns eines von David Sampedros Meisterwerken!
David Sampedros „Phinca Abejera“ ist ein schwelgerischer Wein, üppig und tief, klar und präzise, cremig und seidig. Für uns eines seiner Meisterwerke!