Zurück zu den Wurzeln, zurück zu Garnacha! 93 Punkte – Robert Parker WINE ADVOCATE
Rioja und Tempranillo – ein Traumdoppel, oder? Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass, wie Weinjournalist Miquel Hudin jüngst schrieb, Tempranillo Teil der „unbestrittenen Markenidentität“ der denominación de origen calificada Rioja ist. Im Vergleich dazu müssen sich andere Regionen ziemlich strecken, um ihre Weine bekannt zu machen und auch international erfolgreich an den Mann und die Frau zu bringen. Es ist kein Wunder, dass die interessierte Weinwelt für Tempranillo – trotz oder gerade wegen seines Bekanntheitsgrads – nicht nur Sympathie hegt: Man findet die Rebsorte in ganz Kastilien und León (wo sie sehr gut funktioniert), aber eben auch an den Mittelmeerküsten Kataloniens, Valencias und Andalusiens (wo sie weit weniger gut funktioniert): „Im Guten wie im Schlechten ist der Tempranillo ist mit allen Vor- und Nachteilen so etwas wie der Cabernet Sauvignon Spaniens geworden.“ Und wie beim Cabernet werden aus Tempranillo, Überangebot hin oder her, außerordentlich gute, zum Teil in jeder Hinsicht hervorragende Weine gemacht. Wie so oft geht diese Konzentration auf eine dominierende (und recht ertragreiche) cash cow zu Lasten anderer, vermeintlich „kleinerer“, in vielen Fällen auch autochthoner Rebsorten, was der in den letzten 50 Jahren immer schmaler werdende Rebsortenspiegel Spaniens bedauerlicherweise recht eindeutig bestätigt. 1912 etwa wusste man von 44 Rebsorten auf dem Gebiet der späteren D.O.Ca, im Jahr 2000 waren es nur noch sieben. Dieser Schwund betraf nicht nur vermeintliche Exoten wie Maturana Tinta oder Morastel, sondern auch Spaniens dritthäufigste rote Rebsorte Garnacha, die in diesen Teilen des Ebro-Tals einen schweren Stand hatte als immer mehr ertragreicherer Tempranillo angepflanzt wurde.
Aber David Sampedro, wäre nicht David Sampedro, wenn er nicht auf vergleichsweise „alte“ Garnacha-Reben zurückgriffe, eine Rebe, die Riojakenner Tim Atkin als „potenzielle Trumpf-Karte“ der Region bezeichnet hat. Hier, im paraje El Vedao, reifen die Garnacha-Trauben der knapp über 35 Jahre alten Reben in Terrassenlagen auf etwa 500 Metern Höhe. 2019, ein Jahr, das Luis Gutiérrez als „einfacher, wärrmer und gesünder“ beschrieben hat, hat Davids Weinen eine auffallende Eleganz beschert, die sich gerade bei seinem sortenreinen Garnacha (als Ganztrauben im 2000-Liter-Betontank spontanvergoren und dann in 500-Liter-Fässern aus französischer Eiche 30 Monate lang ausgebaut) aufs Schönste bemerkbar macht.
Das Bouquet besticht durch eine Kombination aus fruchtigen und balsamisch-würzigen Noten, neben dunkler und roter Beerenfrucht, Blutorange (samt Schale) und Frühzwetschgen finden sich Wildkräuter und leicht exotische, an Ras el-Hanout erinnernde Gewürze. Am Gaumen wiederholen sich diese Eindrücke, jetzt allerdings vor dem Prospekt einer von präziser Säure und sehr feinen, geradezu polierten Tanninen geformten Textur, die an trinkanimierender Dichte, Geschmeidigkeit und Komplexität nichts zu wünschen übrig lässt. Das würzig-mineralische Finish ist dann so etwas wie das Schlussplädoyer für mehr Garnacha in der Rioja, zumindest wenn sich ein Winzer wie David Sampedro ihrer annimmt. „El Vedao“ von 2019 ist ein wirklich exquisiter Wein, von dem leider nur sehr überschaubare 2.340 Flaschen abgefüllt wurden …
Ab sofort bis sicherlich 2030+.
Grandioser Garnacha aus dem namengebenden paraje El Vedao in David Sampedros Heimatgemeinde Elvillar. Hier ist die Rioja-Avantgarde zuhause!