ES-ECO-026-VAS
95 Punkte - TIM ATKIN, 3 x 94 Punkte - PARKER, SUCKLING & GUÌA PEÑÍN
Gran Reserva mit „Gran Finesse“ und „Gran Balance“!
„Gran Reserva“ – eine Bezeichnung, von der sich Telmo Rodríguez im Grunde schon lange hatte trennen wollen, ist sie doch sehr mit einem starren, vielleicht zu starren und möglicherweise auch nicht mehr ganz zeitgemäßen (böse Zungen sagen „verstaubten“) Reglement verbunden (dem „Reglamento“ von 1970), das – eine Frage des wankelmütigen Zeitgeists bzw. neuer, nicht immer glücklicher Entwicklungen – in der Rioja, ausgelöst durch die Bodega Marqués de Cáceres, zu einem Neuholzund Vanille-Boom, führte. Und bald war diesen neuen Weinen auch der entsprechende internationale Erfolg beschieden, ihre historische Identität – angefangen bei der Zusammensetzung der Cuvées und der aromatischen „Gestalt“ der Weine – ging dabei allerdings in vielen Fällen verloren. Was wiederum zu einer Gegenbewegung führte, die mit dem Austritt einiger hervorragender Bodegas aus der D.O.Ca Rioja ihren vorläufigen Höhepunkt 2016 fand. Doch wie gesagt, hat sich Telmo Rodríguez bis heute nicht (zumindest nicht auf dem Etikett) von der „Gran Reserva“ getrennt, auch wenn sie intern nur „La Granja“ genannt wird.
2014 war, und das ist kein Geheimnis, in der Rioja auch kein allzu einfaches Jahr – nach 2013 der vermutlich komplizierteste Jahrgang seit 2000. Insgesamt recht heterogen und, nach einem kühlen und trockenen Sommer, mit hohen Niederschlagsmengen zum falschen Zeitpunkt, was einen entsprechend hohen Ernteausfall zur Folge hatte. So auch auf der „Granja Nuestra Señora de Remelluri“, die statt der sonst üblichen 20.000 Flaschen wenigerals die Hälfte Ende Mai 2017 hat abfüllen können. Die Trauben für die Cuvée (58 % Tempranillo, 28 % Garnacha, 11 % Graciano und ein kleiner Anteil weißer Rebsorten) stammen von einem Teil der ältesten Rebstöcke des Weinguts, die in 680 bis 780 Metern Höhe in Kalk-Sandstein- und Sandböden um Doroño, Villaescusa, San Esteban, Cascajo und Portillo wurzeln. Wine Advocate-Kritiker Luis Gutiérrez wertet die knapp 30 Monate in gebrauchtem Holz ausgebaute Gran Reserva nicht nur als Triumph über die widrigen Bedingungen des Jahrgangs, sondern auch als „Qualitätssprung“ (ähnlich auch Tim Atkin, der hier eine „beträchtliche“ Steigerung konstatiert). Die sich unter anderem in den „nur“ 14 Vol.-% Alkohol und einem „hellen“, fast markanten Zug, einer merklichen, aber ach so eleganten Straffheit manifestieren. Im Duft nicht ganz so „massiv“ wie die deutlich monumentalere Gran Reserva von 2010, dafür mit umso mehr Finesse und einer offensichtlicheren Eleganz (Tim Atkin: „Kein Blockbuster, hier dreht sich alles um Finesse und Balance“). Wunderbar kühle Blaubeerund Kirschfrucht, dazu florale Elemente (Holunder, Kamille), balsamische Kräuter, zarteste Rauchnoten und – ganz klassisch – „ebanistaría“ (gediegen altes, kostbares Holz wie aus dem Anitquitätengeschäft), Süßholz, ein Hauch Vanille, der gen dunkle Kirsche nebst verhaltener Marzipannote driftet. Dann noch ein Schlenker in noch dunklere Gefilde (Fleisch und Stein), bevor sich wieder eine gewisse Blumigkeit eine zarte Bahn bricht. Am Gaumen dann „konzentrierte Transparenz“: Frucht, Säure und Gerbstoffstruktur sind perfekt proportioniert, alles wirkt trotz der Dichte, Intensität und Geschmacksfülle erstaunlich schlank, die „Wucht“ des „Granja Remelluri“ offenbart sich in seiner bemerkenswerten Textur, seiner „energetischen“ Fülle, dem schlicht wunderschönen Trinkfluss. Ein unglaublich berührender, Wein „for the long run“ (Robert Parker’s Wine Advocate), der die Stilsicherheit und Interpretationskunst des Winzers in jedem Tropfen offenbart. Remelluris Gran Reserva ist noch ein wenig größer geworden – fantastisch!
Ab sofort bis sicherlich 2028+.
Die Gran Reserva „Granja Remelluri“ 2014 ist ein superber Vertreter klassischen Rioja-Stils in der zeitlos gültigen Interpretation von Telmo Rodríguez.