Ein game changer! 94+ Punkte – Robert Parker WINE ADVOCATE
Gemischter Satz in „genial“: Listan Negro, Negramoll, Mulata, Listan Gacho, Malvasía Rosada …
„Táganan“ – die Bezeichnung für einen der neuen spanischen, genauer kanarischen Spitzenweine, leitet sich vom Namen einer mit uralten Reben bestockten Zone im Nordosten Teneriffas, Taganana, ab, dem Alptraum eines jeden wackeren Winzers. Denn dieser Wein wird unter Extrembedingungen erzeugt. Rebschnitt, Weinbergarbeit, Ernte sind ein Dauer- Clinch mit Mutter Natur. Erlauben Sie uns ein paar Sätze den Wetterverhältnissen:
Seit 2016 sind die Niederschläge in diesem Gebiet um fast 40 % zurückgegangen, was sich in diesen letzten fünf Jahren recht drastisch auf den Ertrag ausgewirkt hat, da das Envínate-Team die Reben heftig beschneiden musste, um den Wasserstress der Pflanzen zu minimieren, wie auch die Pflanze selbst ihre Produktion „natürlich“ reduziert hat, um zu überleben. 2020 war mit insgesamt 235 Litern der trockenste Jahrgang der letzten Dekaden, die Niederschläge verteilten sich aufs ganze Jahr, mit Ausnahme des Sommers – hier hat es praktisch überhaupt nicht geregnet. Nach einem deutlich gemäßigteren 2021, dann wieder ein Déjà-vu: Die Niederschlagsmenge des Jahres 2022 lag bei gerade einmal 257 Litern. Die meisten Niederschläge fielen (gleichmäßig verteilt) in den Monaten von November 2021 bis April 2022. Ein Jahr, das sich durch seine milden und konstanten Temperaturen auszeichnet, wobei an einigen Tagen im Juli und August Höchsttemperaturen von 32 ºC erreicht wurden. Aber eben auch mit einem Sommer, in dem es praktisch nicht regnete und die relative Luftfeuchtigkeit deutlich niedriger als gewohnt (und wünschenswert) war. Immerhin entsprach er dem Frühjahr, das mit vergleichsweise milden Temperaturen und ohne heiße Spitzen, die die Reben blockiert hätten, nicht das allerschlechteste war und zu absolut gesunden, ja geradezu perfekten Trauben in den Parzellen in Chavarria, El Chorro, Lomo del Drago, Mancha Afur, Los Ejes, La Rosa Cumplida und Almáciga führte. Das Team von Envínate begann in Lomo del Drago am 21. August mit der Lese, die in der ersten Septemberwoche in Margalagua zu Ende ging. „Für uns ein konzentrierterer Jahrgang als der 2021“, konstatiert Roberto Santana, „einer, der ganz klar das Aromenprofil der Rebsorten zum Ausdruck bringt, aber mit der für dieses Gebiet charakteristischen Würze, die auf den Einfluss der Passatwinde und die Nähe der Terroirs zum Meer zurückzuführen ist.“
Aber zurück zu den geografischen Gegebenheiten: Die Reben wachsen hier wild auf vulkanischem Felsen und teilweise sogar an den Klippen weit über dem Atlantik, der unaufhörlich gegen die Landmasse anrollt. Hier mit Maschinen arbeiten? Unmöglich. Aber für die Envínates, die eine bemerkenswerte Leidensfähigkeit an den Tag legen, sind’s paradiesische Zustände. Listan Negro, Negramoll, Mulata, Listan Gacho, Malvasía Rosada (und diverse, noch nicht identifizierte mehr) heißen die uns wenig bis gar nicht vertrauten Rebsorten, die hier aus verschiedensten Parzellen unterschiedlicher Exposition nach eben diesen Parzellen getrennt mit 50 bis 70 % Rappen bis zu zwölf Tagen in offenen Betonbehältnissen (1000 Liter) mazerieren, dann – ohne jeglichen Eingriff oder Zusätze – neun Monate in gebrauchten Barriques ausgebaut werden. Herkunft statt Kellertechnik! Schlanke, ja fast luftig wirkende 12 Vol.-% Alkohol verheißt das Etikett, der Wein im Glas ist mittelrot und von quasi „burgundischer“ Transparenz. Das Bouquet anfänglich weniger reduktiv als noch 2021, geblieben sind der frisch gemahlene schwarze Pfeffer und die saftigen Beerenaromen (rote Johannisbeeren, jetzt auch Waldhimbeeren) oder, wie Weinkritiker Zekun Shai (James Suckling) für den 2021er notierte, „Engaging wild berry fruit and funk“. Dazu dann ein Ausflug in etwas zitrischere Gefilde (Salzzitrone, etwas Pomeranze, Pink Grapefruit) und grün-rauchige Elemente, die sekundenbruchteilelang an Mezcal erinnern. Mit etwas Luftkontakt dann die schon fast typischen floralen Noten, die nach und nach immer, wilder, immer „vulkanischer“ werden, was der „Táganan“ tinto auch am Gaumen deutlich weniger prominent in Szene setzt. Hier vor allem die Frucht (Himbeere, Granatapfel und Sauerkirsche) und eine leicht würzige (Pfeffer, gemahlener Ingwer, eine Spur Piment) rote Pflaume. Als frankophiler Weinfachhändler suchen wir gerne den Vergleich zu bekannten Größen. Wer einen erstklassigen Cru, etwa einen Morgon Beaujolais schätzt, der könnte in diesem Wein einen Geisteverwandten entdecken, obschon der „Táganan“ eine ganz besondere Präzision und distinkte „Schärfe“ an den Tag legt. Man kann sich diesem Wein aber auch mit einer gewissen Unschuld, ja Unbedarftheit nähern, leicht gekühlt lässt er sich auch in „Terrassen-Situationen“ wunderbar unkompliziert (und herrlich erfrischend) trinken. Würzig-kühlfruchtige Finesse und Eleganz gepaart mit einer gewissen Wildheit, die ungewöhnlich animierend wirkt: ein echter Terroirwein, der das vulkanische Eiland widerspiegelt. Und wieder (wer hätte je daran gezweifelt?) ein absolut gelungener „Táganan“ tinto! Deshalb auch heute unser Envinaté-Imperativ: unbedingt probieren!
Ab sofort und bis sicherlich 2033+.
„Táganan“ tinto, Evínates großer „geschmischter Satz“ aus Listan Negro, Negramoll, Mulata, Listan Gacho, Malvasía Rosada und und … – ein echter game changer