Pikant-frischer Vulkanwein in Samt und Seide und nicht allzu großer Stückzahl … 94 Punkte - PARKER
Über lange Zeit hinweg galt die rote Mission-Rebe, auch País, Criolla Chica oder Listán Prieto genannt, als „die“ Rebsorte der sogenannten „Neuen Welt“. Sie war die Rebe der Missionare, die daraus die ersten Messweine in Süd-, Mittel- und Nordamerika erzeugten, und sie verbreiteten sie dort auch überall. Später wurde sie die Basis des „Pipeño“, eines ziemlich rustikalen Alltagsweins, der von den huasos oder campesinos (einfachen Weinbauern) erzeugt wurde. Dieser simple Wein aus hohen Erträgen, der häufig noch mit Wasser verdünnt wurde, dürfte dem Ansehen der Sorte außerhalb Südamerikas nicht geholfen haben. Doch wie es nicht selten der Fall ist, ändert sich das Urteil über eine Rebsorte, wenn man anders mit ihr umgeht und sie sich entfalten lässt. Auf Teneriffa steht der Listán Prieto (der etwa 96 % des „Benje“ ausmacht, dazu in gleichen Teilen Listán Blanco und Tintilla) auf Parzellen zwischen 75 und 300 Metern Höhe an den Hängen des Vulkans Teide, des höchsten Bergs der Kanarischen Inseln. Es sind alte unbeschnittene Buschreben, die diesen so einzigartigen Stoff für die rote Variante des „Benje“ liefern. Man kann den Viticultores de Santiago de Teide (insgesamt 15 Familien), mit denen das Envínate-Team zusammenarbeitet, nur danken, dass sie diese aufwendig zu bewirtschaftenden Flächen bis heute schätzen und pflegen. Sie sorgen für die Frucht, die Envínate dann später verarbeitet. Die vier Freunde kümmern sich darum, dass der besondere Charakter des Ortes und der Sorte so unverfälscht wie möglich in die Flasche kommt. Jede Parzelle wird von Hand verlesen und separat vinifiziert, einige in Beton, andere in kleinen offenen Kübeln. Die Mazeration (50 % Ganztrauben) dauert je nach Parzelle zehn bis 30 Tage. Die malolaktische Gärung findet in neutralen französischen Barriques statt, danach reift der Wein acht Monate in denselben Fässern ohne bâtonnage oder Schwefel-Zugabe. Die Abfüllung erfolgt ohne Schönung oder Filtration mit einem nur minimalen Füllschwefel.
So entsteht ein Wein mit einem klaren, deutlichen und einzigartigen Charakter. Der Wein steht hell und transparent im Glas, da die Rebsorte über nur wenig Farbstoff verfügt und die Trauben so wenig wie möglich extrahiert wurden. Anfänglich noch etwas verschlossen (Luis Gutiérrez: „Give it a little bit of time, but this will be as good as the 2019.“), „feuersteinig-flintig“ im Duft, dazu ätherisch-pikante Akzente (weißer Pfeffer), florale Elemente neben Schießpulver, Erde und kühlem Stein sowie Blutorangen samt Zesten, nach Sauerkirschen, weißen Johannisbeeren und einer Spur Tamarinde. Ein Weißwein, könnte man meinen, der sich in der Farbe vertan hat – so frisch, rezent und auch salin-gischtig duftet er. Ein ungemein subtiler, schwebend leicht wirkender Wein, der dann trotzdem eine gewisse Erdung an den Tag legt, die sich vor allem am Gaumen bemerkbar macht: mehr Stein (tiefenschärfer, nachhaltiger) und auch mehr Pfeffer. Der „Benje“ tinto ist so würzig und wild wie charaktervoll, mit ungemein feinen, mit leichter Hand gewirkten Tanninen, einer bemerkenswert samtigen Textur und einer Frische, wie sie tatsächlich nur ein „Vino Atlántico“ liefern kann. Ganze 20.000 Flaschen für die große weite Weinwelt – ranhalten!
Evínates roter „Benje“ von uralten wurzelechten Listán-Prieto-Reben ist ein grandioser Grenzgänger zwischen atlantischem Klima und vulkanischem Terroir!