94+ Punkte: „This has to be the most elegant Benje to date.“ – Luis Gutiérrez (Robert Parker WINE ADVOCATE)
Würzig-wilde Eleganz und Finesse – Vulkanwein at its very best!
Über lange Zeit hinweg galt die rote Mission-Rebe, auch País, Criolla Chica oder Listán Prieto genannt, als „die“ Rebsorte der sogenannten „Neuen Welt“. Sie war die Rebe der Missionare, die daraus die ersten Messweine in Süd-, Mittel- und Nordamerika erzeugten, und sie verbreiteten sie dort auch überall. Später wurde sie die Basis des „Pipeño“, eines ziemlich rustikalen Alltagsweins, der von den huasos oder campesinos (einfachen Weinbauern) erzeugt wurde. Dieser simple Wein aus hohen Erträgen, der häufig noch mit Wasser verdünnt wurde, dürfte dem Ansehen der Sorte außerhalb Südamerikas nicht geholfen haben. Doch wie es nicht selten der Fall ist, ändert sich das Urteil über eine Rebsorte, wenn man anders mit ihr umgeht und sie sich entfalten lässt. Auf Teneriffa steht der Listán Prieto (der etwa 90 % des „Benje“ ausmacht, dazu heuer 9 % Listán Blanco und eine Winzigkeit Tintilla) auf Parzellen zwischen 900 und 1.100 Metern Höhe an den Hängen des Vulkans Teide, des höchsten Bergs der Kanarischen Inseln. Es sind zwischen 70 und 100 Jahren alte unbeschnittene Buschreben, die diesen so einzigartigen Stoff für die rote Variante des „Benje“ liefern. Man kann den Viticultores de Santiago de Teide (insgesamt 15 Familien), mit denen das Envínate-Team zusammenarbeitet, nur danken, dass sie diese aufwendig zu bewirtschaftenden Flächen bis heute schätzen und pflegen. Sie sorgen für die Frucht, die Envínate dann später verarbeitet. Die vier Freunde kümmern sich darum, dass der besondere Charakter des Ortes und der Sorte so unverfälscht wie möglich in die Flasche kommt. Jede der Parzellen – Valle de Arriba, Era de Borges, El Barranco, El Patio, El Hoyo, Las Manchas, Las Arenas Arguayo und Los Baldíos – wird von Hand verlesen. In diesem Jahr begann die Lese Anfang September mit dem Listan Blanco und endete mit dem Listan Prieto in der letzten Septemberwoche. Überhaupt zeichnete sich 2022 in Santiago del Teide durch recht milde Temperaturen und etwas höhere Niederschläge als in den letzten Jahren (367 Liter) aus. Die Niederschläge konzentrierten sich praktisch auf den Winter und das Frühjahr, so dass die Unterböden das Wasser speichern konnten, was für die Reben sehr positiv war. Es war ein Jahrgang, in dem die Weinberge nicht entlaubt wurden, was in diesem Gebiet von grundlegender Bedeutung ist, da es aufgrund der Höhenlage enorm wichtig ist, die Trauben zu beschatten, um sie vor der Sonneneinstrahlung zu schützen. Zwar kletterte das Thermometer im Juli und August an einigen Tagen auf zu 37 °C, doch wurden diese Extremwerte durch kühle Nächten (die niedrigsten Temperaturen lagen um 10 °C) perfekt kompensiert. „Die Summe all dieser Faktoren hat 2022 in Santiago del Teide zu einem sehr guten Jahrgang werden lassen, der die Balance des Weinbergs zeigt.“, resümiert Roberto Santana.
Die oben erwähnten Parzellen werden separat und nicht einheitlich vinifiziert (allerdings immer mit eigenen Hefen, auch die malolaktische Gärung findet immer spontan statt), die Mazeration des Leseguts (50 % Ganztrauben) in Beton und anderen offenen Gebinden unterschiedlicher Größe und Materials dauert je nach Parzelle zehn bis 30 Tage. Danach reifen etwa 70 % des Weins acht Monate lang – ein Abstich (spanisch „trasiego“) findet während dieser Zeit nicht statt – in neutralen Barriques, der Rest in Beton. Im Juni 2023 wurde der Wein dann ohne jedwede Schönung oder Filtration abgefüllt.
Um’s vorweg zu nehmen: Wir sind völlig d’accord mit Luis Gutiérrez, der in seinem „Canary Islands Update 2023“ für den Wine Advocate konstatiert, dass dies der bisher eleganteste Jahrgang des Benje tinto sei. Wie denn auch nicht? Der Wein leuchtet hell und transparent im Glas, da die hier hauptsächlich verwendete Rebsorte Listan Prieto über nur wenig Farbstoff verfügt und die Trauben so wenig wie möglich extrahiert wurden. War der Benje von 2021 anfänglich noch eher verschlossen, „feuersteinig-flintig“ und legte eine „jumpy reduction“ (James Suckling) an den Tag, zeigt sich der 2022er von seiner charmantesten (vulkanisch charmantesten!) Seite: ausgesprochen anregend florales Bouquet (getrocknete Rosen und weiße Blüten, beide wie mit Kreide und Salz bestäubt), das sich mit etwas Luft dann immer mehr gen Frucht hin öffnet (Himbeeren, Walderdbeeren, Sauerkirschen, Blutorange samt Zeste), dann weißer Pfeffer, eine Spur von Rauch, Erde und kühlem Stein. Etwas später dann mehr rote Beeren, ein Hauch Anis und eine Spur Kampfer. Ein ungemein subtiler, schwebend leicht wirkender Wein, der dann trotzdem eine gewisse Erdung an den Tag legt, die sich vor allem am Gaumen bemerkbar macht: mehr säuerliche Beerenfrucht, mehr von salziger Gischt benetzter Stein (tiefenschärfer, nachhaltiger), mehr Pfeffer, aber auch mehr Umami! Der „Benje“ tinto ist so würzig und wild wie charaktervoll, mit ungemein feinen, mit leichter Hand gewirkten Tanninen, einer bemerkenswert samtigen Textur und einer Frische, wie sie tatsächlich nur ein „Vino Atlántico“ liefern kann. Ganze 28.000 Flaschen für die große weite Weinwelt – ranhalten!
Ab sofort (etwas Belüftung wirkt Wunder!), dann sicherlich bis 2029+.
Evínates „Benje“ tinto von uralten wurzelechten Listán-Prieto-Reben: die perfekte Synthese von atlantischem Klima und vulkanischem Terroir!