Envínate
„Migan“ VM Tenerife, tinto 2022

Einfach spektakulär: wurzelecht, vulkanischen Ursprungs – was will man mehr?!

97 Punkte – James Suckling | 94-95 Punkte – Robert Parker Wine Advocate

„Cordón trenzado“ nennt sich die spektakuläre und einzigartige Erziehungsform der mehrheitlich über 120-jährigen Reben (von denen die Listán-Negro-Trauben für den mittlerweile siebten Jahrgang des „Migan“ stammen) die zu mehrsträngigen „Zöpfen“ geflochten werden. Auch bei diesem Wein lässt sich einer der „Envínate-Effekte“ beobachten: Mit jedem neuen Jahrgang steigen die „Parker-Punkte“ im Wine Advocate! Nun ließe sich dem ungeheuer fleißigen und begeisterungsfähigen Verkoster für Spanien (sowie für Argentinien, Chile und Jura), Luis Gutiérrez, einiges unterstellen (zu aufgeschlossen, zu ikonoklastisch veranlagt, zu vertraut mit den Winzern), aber sicher nicht Befangenheit, Leichtfertigkeit oder gar chauvinistische Tendenzen. Nein, der Mann weiß, was gut, was besser ist. Daher können wir der Stoßrichtung seiner Bewertung – 94 Punkte für 2016, 95 für 2017 und 95+ für 2018 – nur zustimmen (wir bleiben dabei, auch wenn ihm der großartige 2019 „nur“ 94+ Punkte wert war. 2020 und 2021 sind dann so etwas wie die Konsolidierung der 95er-Marke, die der 2022er, den Don Luis nur vom Fass probiert hat, ebenfalls bestätigt. (Zum Nachlesen: „The 2022 Migan feels very fruit-driven, open and expressive. It's the final blend of the wine, but it still wasn't bottled when I tasted it in early November. The wine feels quite harmonious, juicy and round, with moderate acidity. It's tender and young, still too primary.“). Übrigens: Zekun Shukai (für James Suckling) indes fackelte nicht lange und vergab gleich 97 Punkte …

Der immer recht atlantisch geprägte „Migan“ (das ist der historische Name des Dörfchens La Perdoma) stammt von drei (ehemals vier) Parzellen in 500 bis 850 Metern Höhe aus dem Orotava-Tal: „Tío Luis“ (1,4 Hektar, etwa 90 Jahre alt, in 550 bis 600 Metern Höhe), „La Habanera“ (1,6 Hektar, gut 100 Jahre alt, nach Norden ausgerichtet, in 380 bis 425 Metern Höhe) und „Montijo“ (ein 2,5 Hektar großer, 100 Jahre alter Weinberg mit Finca, der erst seit 2018 wieder bearbeitet wird, davor lag er fast zwei Jahre lang brach). Die entrappten Trauben mazerieren bis zu 30 Tagen in Betonbehältern, werden dann zu 27 % (die komplette Parzelle „Tio Luis“) in einem 4.200-Liter-Betontank und zu 63 % in gebrauchten 500- und 600-Liter-Fässern über einen Zeitraum von knapp 12 Monaten ausgebaut. Wie wir schon anlässlich des 2020ers geschrieben haben, legt Envínate, unter anderem mit diesem Wein, so etwas wie „den Masterplan für die neue Avantgarde Spaniens“ vor – und daran hat sich nichts geändert – zumal der „Migan“ von 2022, förmlich „aus dem Glas springt“. Um uns noch einmal zu zitieren: Solche Weine gab es in unserem „Vorher“ nicht, nicht diese erstaunliche Geradlinigkeit, diese herrliche Strenge und stilistische Stringenz, diese enorme, dabei so verführerische Präzision des Ausdrucks von Frucht und Terroir, von roten Beerenfrüchten (jetzt enorm zugänglich, geradezu mundwässernd und über die Maßen trinkanimierend), Sauerkirsche, Agrumen mit leichten Röstnoten (Orangenschale und Grapefruit), ätherischer Minze, Tuff und Vulkanasche, weder die „saftig-kühle“ Mineralität, noch das salin-pikante, animierend pfeffrige, zart reduktive Finish in Kombination mit solch seidigen Tanninen. John Gilman Resümee des 2021ers ist auch hier quasi kanonisch: „a stellar young wine“!

Ab sofort und dann bis 2032+.