Von Kennern geliebt, doch vom Aussterben bedroht: Fürsts Frühburgunder „R“ ist eine seltene Kostbarkeit.
Natürlich steht das „R“ auf dem Etikett dieses Weins für „Réserve“. Es könnte aber auch die Abkürzung für „Rarität“ sein. Denn inzwischen gehört der Frühburgunder, die kleinbeerige und überaus launische Mutation des Pinot Noir, wegen der Klimaerwärmung wieder zu den vom Aussterben bedrohten Rebsorten. Und das, nachdem in den vergangenen Jahrzehnten viele Anstrengungen unternommen wurden, die ertragsschwache, krankheitsanfällige Traube zu rehabilitieren. Die Herausforderung: Gerade in den besten, heißesten Weinbergen reift der Frühburgunder viel zu schnell, sodass er zwei bis drei Wochen vor dem Spätburgunder gelesen werden muss. Dabei bräuchte er eigentlich eine längere Hängzeit, um seine Aromen voll zu entfalten. Stattdessen wird er schon Anfang August von Vögeln und Wespen befallen. Und was die Wespen übrig lassen, holen sich dann die Wildschweine. Während andere Spitzenwinzer längst vor der schwierigen Frühreife kapituliert haben (Ahr-Ikone Werner Näkel rodete einst seinen Frühburgunder im Dernauer Pfarrwingert), gilt der „R“ der Familie Fürst aus der Bürgstadter Spitzenlage Centgrafenberg noch immer als – mittlerweile selten gewordenes – Musterbeispiel eines herausragenden Frühburgunders aus deutschen Landen. In der Nase entfaltet er ein intensives Bouquet von weißen Blüten, Karamellrauch, getrockneten Himbeeren, Erdbeeren und einer Spur Süßkirsche, unterlegt mit dezenten Holznoten vom 18-monatigen Ausbau in leicht getoasteten Barriques. Begleitet von der typischen Verspieltheit des Frühburgunders, die sich in fruchtig-frischer Struktur und animierender Säure manifestiert, setzen sich die feinen Aromen am Gaumen fort: Der „R“ fasziniert mit seiner dunklen Beerenfrucht, die von Nuancen dunkler Schokolade und einer leicht rauchigen Note abgerundet wird. Seine Vielschichtigkeit zeigt sich auch in Anklängen an Hagebutten und Sauerkirschen, die ihm eine besondere Tiefe geben. Trotz seiner aromatischen Fülle bleibt er zart und elegant mit feinen, seidigen Tanninen. Am Gaumen zeigt er eine gute Dichte und eine erstaunliche Länge. Ohne Zweifel ist Sebastian Fürst hier ein aromatisch komplexer, außergewöhnlich eleganter und langlebiger Wein gelungen, der den Charakter seiner Herkunft ebenso widerspiegelt wie die handwerkliche Sorgfalt des Winzers. Und der damit eindrucksvoll beweist, dass es für den Frühburgunder eben doch noch nicht zu spät ist.
Ab 2027 und bis 2050.
Der Frühburgunder R 2022 von Fürst ist ein eleganter, aromatisch komplexer und langlebiger Wein, der den Charakter seiner Herkunft widerspiegelt.