Wunderschöne Spätlese von großer Finesse und mit einer exquisiten Aromatik! 95 Punkte – VINUM Weinguide
Als Ende der 1960er-Jahre eine Neuordnung der Weinberge an der Mittelmosel stattfand, wurden die hervorragenden Parzellen, die die Familie Prüm in Bernkastel besitzt, der Großlage Bernkasteler Badstube zugeschlagen. Für ein Weingut von Weltruf ist es ärgerlich, wenn solche Parzellen mit den an Einzelstöcken erzogenen und heute 70 Jahren alten Riesling-Reben in einer 68-Hektar-Lage verschwinden. Andererseits weiß jeder Liebhaber Prüm’scher Weine, dass das Weingut ausschließlich exzellente Weine erzeugt und manche Teile der Bernkasteler Badstube auch von anderen Weingütern mit internationalem Format bewirtschaftet werden. Tatsächlich sind Prüms Weine wie die Spätlese aus der Bernkasteler Badstube über jeden Zweifel erhaben. Das gilt auch für den 2022er-Jahrgang, in dem Familie Prüm alle notwendigen Hebel benutzt hat, um der Hitze und Trockenheit im Sommer zu begegnen und die Filigranität und Klarheit zu bewahren, die ihre Weine auszeichnen. Man musste vor allem bei der Menge der Trauben große Einschnitte vornehmen, indem man mit einer Grünlese im Sommer die Reben entlastete. Eine solche Maßnahme führt nicht nur zu finanziellen Verlusten, man muss auch die weltweite Fan-Gemeinde mit deutlich kleineren Mengen vertrösten. Doch im Hause Joh. Jos. Prüm werden keine Abstriche bei der Qualität geduldet. Das wird in diesem Jahrgang besonders deutlich, in dem es doch anderen Orts recht viel mediokre Qualitäten an der Mosel zu verzeichnen gibt.
Die 2022er-Spätlese aus der Bernkasteler Badstube ist ein bildschöner Riesling, bei dem die typische jugendliche Gäraromatik der Prüm’schen Weine schnell von einer Mischung aus Zitrone, Bergamotte und Yuzu, Fenchelsamen, nassem Schiefer und etwas Mirabelle, ferner von Verbene und Minze eingefangen wird. Auch in diesem Jahr besticht der Riesling durch jene Leichtigkeit und Feinheit, die den Spätlesen von Prüm so eigen ist und sie stilistisch eher den Kabinetten zuordnet als den volleren Spätlesen der Mittelmosel. Am Gaumen wirkt der Wein dann auf unnachahmliche Art entspannt, obwohl die Säure einen weiten Spannungsbogen aufbaut. Dieses Entspannte wird hervorgerufen durch die jetzt schon prägende Harmonie von Fruchtsüße, Säure, Mineralität und Würze. Am Gaumen finden sich beim Riesling aus der Badstube deutlich mehr Apfel-Aromen als in jenen Weinen aus dem Himmelreich oder von den Sonnenuhren. Der Wein wirkt insgesamt etwas heller, auch zitrischer, angenehm straff und drängend mit einer Leichtfüßigkeit, die man in Spätlese-Qualität so pur fast nur bei Katharina Prüm findet. Sie empfiehlt bei allen ihren Weinen, diese, wenn sie jung sind, am Abend zuvor zu öffnen und in den Kühlschrank zu stellen, wo sie atmen können. Dann sind sie optimal „eingestellt“ und bieten sofortigen Trinkgenuss, auch wenn diese elegante „Badstube“ idealerweise erst ab etwa 2026 geöffnet werden sollte.
Idealerweise ab 2026 bis mindestens 2044, wahrscheinlich aber auch darüber hinaus noch mit Genuss zu trinken.
Typisch für diese Lage ist die rassige Art und der stahlige Charakter, der schon fast an einen Saar-Riesling erinnert, mit komplexem Aromenbogen.