Der „Kabi“ aus dem Graacher Himmelreich: himmlisch leicht, faszinierend komplex
93/100 – Vinum Weinguide Deutschland 2025
Es gibt Jahre und Vegetationsverläufe, die einer Lage ganz besonders zugutekommen, zumal wenn diese ohnehin – wie etwa beim Graacher Himmelreich seit Jahren immer wieder beschrieben – ein ausgeprägt eigenes Profil an den Tag legen, gerade auch wegen des nachweislich außergewöhnlichen Terroirs. Und wie so oft ist man versucht, eine „natürliche“, möglichst objektive (ein Ding der Unmöglichkeit) Rangfolge besagter Lagen bzw. ihrer Prädikatsweine zu entwickeln. In Sachen J. J. Prüm und Kabinett scheint es im hausinternen Vergleich immer auf eine Art Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Graacher Himmelreich und Wehlener Sonnenuhr hinauszulaufen. Wie immer entscheiden letztlich wohl nur persönliche Vorlieben über Gold und Silber, gerade in einem Jahr wie 2023, das an der Mosel „trocken, dann viel zu nass und dann viel zu heiß“ war (Mosel Fine Wines) und doch schlichtweg großartige Weißweine (ganz gleich ob im trockenen, fruchtigen oder edelsüßen Segment) hervorbrachte.
Das Graacher Himmelreich zeigt sich jedenfalls in blendender Verfassung. Die Lage befindet sich direkt hinter der kleinen Ortschaft Graach an der Mosel, die Reben stehen dort bei einer Hangneigung von 45 bis 65 Prozent zum Teil noch in der traditionellen Einzelpfahlerziehung auf verwittertem grauen und blauen Schieferboden. Der Weinberg ist auf einer Höhe von 110 bis 260 Metern nach Süd-Südwest bis Südwest exponiert und windgeschützt, dadurch erwärmt sich der Boden leicht. Wie bei Prüm üblich (und Standard) wurden die perfekt gereiften Trauben von Hand gelesen und im Edelstahl spontan mit natürlichen Hefen vergoren. Im Duft Morgentau auf Blüten, Frucht (Traube, Johannisbeere, Birne und Weinbergspfirisch) und kühlem Stein, dazu auch etwas Hefe und ein Hauch von Kerbel. Kräuternoten. Kristallin und von berückender Leichtigkeit am Gaumen, nebst feinstem Säurebogen, der die Fruchtsüße beinahe absorbiert. Spannung und Gelassenheit, Frische und sanft mineralischer Druck, griffig-dichte, dabei enorm luftig wirkende Textur – und immer wieder eine sublime Saftigkeit (der Pfirsich nun um Limette samt Zeste und – kandierte?! – Ananas ergänzt), so elegant wie spielerisch. Der Nachhall? Ein langes, erfrischendes Fließen – hinreißend! Unser salomonisches Urteil: Ob Graacher Himmelreich oder Wehlener Sonnenuhr: Hauptsache Prüm, Hauptsache beide
Ab sofort, Höhepunkt wohl in zehn Jahren, mit Potenzial für 25+ Jahre.