2022: „Ein wunderschön beschwingter Jahrgang.“ – Helmut Dönnhoff
Der Felsenberg ist unter den sechs Großen Gewächsen die das Weingut Dönnhoff vinifiziert vielleicht jenes, das den „philosophischsten“ Unterbau hat und der Seele Nahrung gibt. Denn anders als beispielsweise beim hedonistischen Dellchen, das mit seiner Fruchtintensität ungemein nahbar ist, zeigt sich der Felsenberg mit seinem kargen und steinigen Terroir in der Jugend deutlich abweisender. Cornelius erklärt den Charakter des Filetstücks, dem Felsentürmchen: „Vom Berg drückt das Wasser hinab, obenauf ist es bewaldet und abgeschottet. Das ergibt einen satten, polierten aber auch stahligen Riesling, der das schwierige Terroir widerspiegelt. Das ist einfach ein komplexer und zunächst schwierig zu verstehender Wein. Man muss ihm von Anfang an Zeit geben, mit seiner rauchigen Phenolik und reduzierten Frucht. Ich schätze das absolut an der Lage. Es ist einfach kein massentauglicher Wein. Den Wein muss man im Weinberg trinken, dann versteht man, warum er so schmeckt wie er schmeckt. Er ist das pure Abbild seiner Lage!“
Der Felsenberg müsste eigentlich viel passender als Felsenwand bezeichnet werden. Denn genau dieser Eindruck entsteht, wenn man vor der imposanten Schlossböckelheimer Steillage mit bis zu 60 % Steigung steht. Wir nähern uns geographisch dem Weingut. Die Faustregel bei Dönnhoffs bedeutet, je näher zum Weingut gelegen, desto kühler die Rieslinge. Nicht nur das Etikett ziert ein Felsentürmchen. Es befindet sich tatsächlich genau so idyllisch in der Lage und bildet gar das Herzstück. Hier liest Cornelius die mineralischsten und besten Trauben für sein Großes Gewächs.
Für den Jahrgang 2022 kommen hier gleich zwei Faktoren zusammen, welche den Felsenberg als wahrlichen Grand Cru bevorteilen: Drückendes Wasser vom Berg, ein Geschenk der Natur in einem Jahrgang wie 2022, dessen Sommer zwei regenlose Monate mit sich brachte und beispielsweise an der Mosel in den beiden Graacher Lagen des Weinguts Willi Schaefer stets für vibrierend frische Rieslinge auch in warmen Jahren sorgt. Der zweite Faktor, die kühle Aromatik, die auch in kräftigeren Jahren eine kitschige Exotik vermeidet. Der Felsenberg, ansonsten eher der in der Jugend introvertierte Riesling unter den Großen Gewächsen, strahlt dafür besonders stark. Helmut schwärmte bei unserer Verkostung in der Probierstube: „Seit 20 Jahren haben wir hier viel Humus aufgebaut, die Zeilen im Wechsel mit Stroh abgedeckt. Die Reben sind hier in dieser alten Anlage rund 30 Jahre alt, konnten tief genug wurzeln und haben den trockenen Sommer über sehr gut durchgehalten.“
Was bei der Winzerdynastie Dönnhoff aus der Flasche fließt, ist natürlich nicht einfach nur der Geschmack der Heimat, sondern Dönnhoffs ureigenstes Bild davon. Um dieses Bild, diese Idealsvorstellung präzise umzusetzen, wird bei den Dönnhoffs jede Parzelle einzeln ausgebaut. Dabei ist Intuition gefragt. „Man kann Weine machen nicht aus einem Buch lernen, man braucht Bauchgefühl, ein Gefühl für die Landschaft, ein Gefühl für jedes einzelne Stückchen Erde, das im Verlaufe weniger Meter so unterschiedlich sein kann wie im Burgund“, sagt Cornelius mit tiefer Überzeugung. „Man muss spüren, was man einem Weinberg zutrauen kann.“ Und das Felsentürmchen spürt jahraus, jahrein dieses absolute Vertrauen. Ein echtes Nahe-Schmuckstück. Cornelius weiß genau: „Wenn die Trauben nach Hause kommen, dann haben wir nach einer strengen Selektion der Träubchen 100 % der Qualität. Dann ist es die Kunst, diese 100 % im Keller zu bewahren“.
Der steile Hang aus Porphyr, Melaphyr und Vulkanverwitterungsgestein bietet ein ganz anderes Terroir, als wir es im Dellchen und der Hermannshöhle haben. Viele Dönnhoff-Fans, die vielleicht ansonsten das Dellchen oder andere altbewährte Favoriten im Hause haben, dürften dieses Jahr ihren Zugang zum Felsenberg finden. Es zeigt sich dichter und öliger als sonst, bewahrt aber die frische Aromatik dieser einzigartigen, eher schroffen Lage. Zitronen, weiße Johannisbeeren und Ingwer duften aus dem Glaus, ein Hauch Ananas sowie eine feine Würze, die an weißen Pfeffer erinnert. Das Große Gewächs wirkt ausgewogen, gleitet seidig und kraftvoll über den Gaumen. Die Seelenverwandtschaft mit dem Großen Gewächs von Tim Fröhlich ist unverkennbar, wenngleich Tims Markenzeichen, die puristische Reduktion hier nicht vorzufinden ist. Werte Kunden, der Felsenberg ist dieses Jahr ein wahrlich großer Wurf und zählt zu den ganz besonderen Weinen aus dem Hause Dönnhoff. Eine Lage, die 2022 klar im Vorteil war!
Ab Herbst 2023, Höhepunkt 2025 bis etwa 2042.
Subskription bei Pinard.de: Der Felsenberg ist der kargste Riesling unter den Dönnhoff’schen Großen Gewächsen. Genialer Riesling von der Nahe!