Pinot Noir in 70 mm – bigger than life!
98 Punkte: „This is so refined and delicate at the beginning and on the mid-palate, but then it builds to a great crescendo at the breathtaking finish.“ – Stuart Piggott (James Suckling)
„Ich zeig euch mal was.“ Wenn wir bei Winzern zu Besuch sind, beginnen so die schönsten Geschichten. Bereits im vergangenen Jahr deuteten wir an, dass im Weingut Friedrich Becker ein neuer potenzieller Spitzenwein entstehen könnte. Damals war noch nicht klar, wann der Wein jemals in den Verkauf käme, doch nun ist es soweit. Hübsche Aussichten aus Schweigen stehen uns bevor mit dem „La Belle Vue“.
Fritz Junior begann vor einiger Zeit, in einer fantastischen Lage, die auf einem Kalksteinsockel thront, alte Gewürztraminerreben umzuveredeln, eine Technik, die wir von Klaus Peter Keller kennen, der sie etwa für seinen Spätburgunder aus dem Morstein angewandt hat. (Für die Nerds unter uns: Die Reben wurden von einem französischen Unternehmen namens World Wide Vineyards, das – wie es scheint – ausschließlich peruanisches Personal beschäftigt, umgepropft. Auf 0,8 Hektar steht hier nun Pinot Noir, der mittels der vor allem auch im Burgund üblichen sélection massale aus eigenen Weinbergen gedeihen ließ. Den als „La Belle Vue“ gefüllten Wein haben wir in seiner 2015er-Inkarnation erstmals vorgestellt, der 2020er ist nach dem sofort ausverkauften 2017er und dem hinreißend schönen 2019er der vierte Jahrgang, den wir ergattern konnten. Die Klone ergeben hier absurd niedrige Erträge von unter 20 hl/ha, doch sind die über 60jährigen Reben in Süd-/ Ost-Exposition derartig tiefwurzelnd, dass der Pinot Noir hier eine aromatische Tiefe erlangt, die Fritz zuvor so noch nicht gesehen hat. Die eigentliche Besonderheit ist aber der Kalksteinsockel mit einer extrem geringen Auflage aus Löss und Lehm. Und Fritz präsentierte uns damals seinen Wein als den neuen Spitzenwein des Gutes, schätzte ihn selbst – und das gleich mit dem ersten Jahrgang – noch oberhalb des Heydenreich ein. Wer wird da nicht unruhig und neugierig wie ein kleines Kind, kurz bevor das erste Mal zur Bescherung am Heiligen Abend gerufen wird?
Vor uns liegt im Glas ein Wein von höchster Transparenz. Vom Kammerberg über St. Paul, über den Heydenreich bis hin zum „La Belle Vue“ wird die Farbe immer dunkler, vor allem aber, so scheint es, intensiver, was auf noch mehr Kraft, aber – möglicherweise – auch Finesse hindeutet. Und genau das bestätigt sich, als wir das erste Mal ins Glas riechen. Wir haben hier einen von rotkirschiger Frucht und größter Feinheit geprägten Burgunder, bei dem sich Walderdbeeren, Herzkirschen und Eukalyptus aus dem Glas schieben, noch ummantelt von einer fein flintigen Nase, einer Mischung aus schonender Behandlung im Keller und dem Holz bester Provenienz. Das ist allerfeinstes Pinot-Noir-Parfüm. Pinot Noir zum Verlieben! Am Gaumen sind die Tannine dann ähnlich fein wie beim Heydenreich. Neben der wuchtigen roten Frucht, Aromen von süßen Erdbeeren und Himbeeren, schlängelt sich eine mineralische Ader durch den Wein, salzige Noten und Pampelmusen treten auf. Das ist ungemein transparent und feinsinnig. Ein Pinot Noir von großem Format, aber ohne Schwere. Es gibt nur wenige Flaschen von diesem Spitzenwein, der für uns in Deutschland zukünftig neben Kellers Morstein-Spätburgunder eine neue Benchmark setzen könnte. Die kleine Erntemenge macht diesen Traumpinot zum raren Exoten. Doch dieser Wein gibt gleichzeitig eine Lehrstunde der Magie der Pinot-Noir-Traube. Ein Wein, dessen burgundisches Vorbild zum regionaltypischen Abbild wurde, eine Verschmelzung von französischer und deutscher Stilistik, ausgestattet mit dem Potenzial für viele Jahre der Reife. Ein großer Wein, ein Mega-Wein, bei dem wir gerne alle Pinot-Liebhaber aufrufen, sich mit Freunden zusammen zu tun um in den Genuss dieses Weins zu kommen. Ein Traum!
Ab etwa 2025, dann sicherlich bis 2055+.