FR-BIO-01
Ein so kraftvoller wie hinreißend frischer Gigondas! 92–94 Punkte – VINOUS, 16 Punkte JANCIS ROBINSON
„Ich liebe unseren 2021er-Gigondas zutiefst“, lässt uns Louis Barruol wissen, „weil er mich stilistisch an die Jahrgänge ,meiner Jugend erinnert – 1991, 1993, 1995, 1996, 2004 …“. Allerdings haben sich unsere Bezugspunkte grundlegend geändert, und ein Jahrgang wie 2021, der heute als kühl gilt, war in den 1990er-Jahren die Norm. Natürlich sind die 2021er keine wuchtigen Weine. Sie sind weder dick, noch ausladend, noch muskulös. Sie sind eher geschmeidig, elegant, rassig und ätherisch, haben aber einen wunderbaren Esprit und Ausdruck. Die Aromatik und die Texturen sind ganz besonders gelungen, sind von eher burgundischem Zuschnitt. Paradoxerweise mag ich diese kühlen Jahrgänge, die uns etwas mehr Mut abverlangen, die Lese zugunsten von mehr Reife etwas zu verzögern. Man muss einfach auch eine gewisse Risikobereitschaft mitbringen. Und wenn man dann ein bisschen mehr sortieren muss, macht das auch nichts – dafür wurden die Sortiertische ja erfunden.“
Und wieder einmal spielt das (immer wieder zu Recht hinterfragte) Phänomen der „Übersetzung“ eines Terroirs eine Rolle. Seiner Meinung sind Präzision und (Un-)Veränderlichkeit dieser „Übersetzung“ umso deutlicher, je hervorragender die Qualität des Terroirs. „Hervorragend“ (oder „groß“) bedeutet hier vor allem „komplex“ – was „ein wichtiger Bestandteil ihrer Identität zu sein scheint“, wobei diese Komplexität nicht als „schwierig“ zu verstehen ist. Damit wird das wesentlich höhere Potenzial des Terroirs zum Ausdruck gebracht, um große Weine hervorzubringen. „Dazu muss man sie jedoch verstehen und richtig zur Geltung bringen. Es gibt daher keine großen Terroirs ohne die Menschen, die ihnen zu ihrem großartigen Ausdruck verhelfen.“ Was Louis mit bewundernswerter Konstanz und Schlüssigkeit mit seinen Weinen Jahr für Jahr beweist!
Die klassische GSM(+S)-Cuvée (wie im letzten Jahr auch 70 % Grenache, 14 % Syrah und 15 % Mourvèdre sowie 1 % Cinsault), als Ganztraube inklusive Rappen und natürlich spontan vergoren, wurde in zum Teil neuem Holz (20 %), zum Teil solchem aus Mehrfachbelegung (50 %) sowie im Beton-cuve ausgebaut. Die von verschiedenen Kritikern mehrfach als „reichhaltig, kraftvoll, (…) und konzentriert“ beschriebene Stilistik des Weins lässt es keinen Moment lang an Eleganz und echter Größe jenseits der tatsächlich evidenten Substanz fehlen (die 15 Vol.-% auf dem Etikett sind schon eine Ansage, am Gaumen allerdings mehr als willkommen – was sind schon Zahlen, werte Kunden, wenn man sein Metier so beherrscht wie Monsieur Louis?). Im Duft schwarze und rote Beerenfrucht (Brombeere, Waldhimbeeren, aber auch Kirsche), ein schönes Quantum frisch geschroteten schwarzen Pfeffers von einer zarten Röstnote zart gerahmt. Dann auch (wie alles bei diesem Wein „dicht gepackt“) eine bemerkenswert großartig „funktionierende“ Kombination aus Teerosen, Teer und Lakritz, wieder Beeren (Holunder vorneweg), Blutorange und eine ätherisch-balsamische fast rauchige Minze. Am Gaumen dann wieder herrlich reife, fast süßliche Brombeere, frische und getrocknete Feigen, pfeffrig- würzige Garrigue, Thymian und ein Hauch Kardamom, dazu dichte, feinkörnig-griffige Tannine, durch die sich eine präzise, die Reife und Konzentration dieses Weins wunderbar kontrapunktierende Säure (die Matt Walls im Decanter als „zingy“ beschreibt) zieht, die diesem prachtvollen Gigondas bis in den enorm langen Nachhall hinein, eine fast mineralisch vibrierende, leicht salzige Frische verleiht.
Wir sind, wie so oft schon, von diesem Gigondas restlos begeistert! Wozu ins benachbarte Châteauneuf-du-Pape schweifen, wenn das Schöne – Finesse, Kraft, Komplexität und Balance – doch so nahe liegt? Wir bleiben hier, denn das ist („clearly an outstanding wine in the making“ – Jeb Dunnuck), wieder einmal einfach immens gut!
Schon jetzt (entsprechend belüftet) ein großes Vergnügen. Noch besser: Gelassenheit zeigen und erst in den nächsten drei bis fünf Jahren öffnen. Bis 2039+.
Saint Cosmes Gigondas von 2020 ist ein großer Entwurf der Süd-Rhône, der Kraft, Substanz, Mineralität und Finesse zusammenführt. Potenzial für Jahrzehnte!