Barone Ricasoli
„CeniPrimo“ DOCG Chianti Classico Gran Selezione, rosso 2020

Vielschichtig-subtiles Terroirwunder mit fanstatischem Potenzial!

97 Punkte – James Suckling
94 Punkte – Wine Spectator

Mit seiner Cru-Serie beschert uns Baron Francesco Ricasoli, der seit 1993 die Geschicke des Traditionsweinguts leitet, ein Tryptichon wunderbarer Terroir-Sangioveses. Sehr lohnend, sich diese drei Schönheiten im hedonistischen Freundeskreis in einer Vergleichsverkostung zu gönnen, denn es ist absolut faszinierend zu schmecken, wie die Sangiovese-Traube, die bei allen dreien im Keller so gut wie gleichbehandelt wird, das Terroir in faszinierend eigenständigen Geschmack umwandelt. Die gerade einmal sechs Hektar kleine Hanglage CeniPrimo liegt im südlichen Teil des rund 1200 Hektar großen Anwesens, im großen Flusstal des Arbia und zählt zu den besten Lagen der gesamten Region. Die komplexen Böden der Lage sind geprägt von Meeresablagerungen mit geringen Einschlüssen von Kalk und organischen Stoffen, allerdings mit dicken Tonschichten im Untergrund, die hervorragende gerade bei Trockenheit hervorragend als Wasserspeicher fungieren – was etwa im fast niederschlagsfreien Sommer 2020 enorm von Vorteil war. Gelesen und sorgfältig selektiert wurden die Trauben von Hand am 27. September. Nach der Entrappung führte der Weg in konische 100-Hektoliter-Edelstahltanks worin dann die Gärung mit ausgewählten Hefen und die 14- bis 16-tägige Mazeration temperaturkontrolliert bei 24 bis 27 °C erfolgte. Zur Intensivierung von Farbe und Gerbstoffen wurde der Tresterhut täglich umgewälzt. Zum Ausbau geht es dann für 22 Monate in 500-Liter-tonneaux, davon nur 30 % aus neuem Holz. Kurz vor Weihnachten 2022 fand der Wein dann seinen Weg in die Flasche – und hoffentlich jetzt zu Ihnen!

Im Reigen der drei Crus ist „ CeniPrimo“ der wohl subtilste und feingliedrigste. Im Glas zeigt er sich Rubinrot mit dunklem Kern, das Bouquet ist anfangs zart balsamisch und schreit förmlich nach Luft. Nach und nach entfaltet sich dann ein bunter Aromenstrauß: Es beginnt mit dunklen Fruchtnoten von Weichsel, Brombeere und Cassis. Es ist eine große Wonne immer wieder versonnen nachzuschnuppern und neue Aromen zu entdecken. Ein Anflug von Bucheckern kommt dazu, dann Noten von Kaffee, Schokolade und Nelken – je mehr Luft, desto üppiger! Im Mund präsentiert er sich dann mit einer zum Adelsgeschlecht der Ricasolis passenden Eleganz – da ist nichts zu viel und nichts fehlt. Jede Nuance des Geschmacks erscheint genau dort, wo sie sein muss, und das in perfekter Balance. Wie in der Nase findet man auch am Gaumen ständig etwas Neues, was dann auch ab diesem Moment aus dem Gesamtzusammenhang nicht mehr wegzudenken ist, so überraschend es auch erscheinen mag. Die Fruchtnoten von reifer Sauerkirsche, Johannis- und Waldbeeren sind für einen Wein der Region zwar zu erwarten, aber so klar, sauber und finessenreich? Was ein Vergnügen! Die leicht kühle Mineralik verleiht dem Wein eine angenehme Frische und passt zu den wunderbaren Kräuteraromen, die an Menthol und Bohnenkraut erinnern. Dazu dann noch apart florale Noten und eine schier endlose Länge. Die Tannine sind zart und seidig, mit noch ganz leicht jugendlichem Kratzen und einem feinen Vanilleton. Sehr spannend nachzuvollziehen, wie sich hier eine endlose Zahl subtiler Geschmackseindrücke zu harmonischer Opulenz zusammenfinden. Das ist schon jetzt große Kunst, aber ganz sicher durchläuft der Wein in den nächsten Jahren noch viele verschiedene Stadien – Geduld ist, wie so oft, auch hier also eine durchaus genussfördernde Tugend. Laden Sie doch jetzt gleich ihre entsprechend toskanisch-hedonistisch orientierten Freundeskreis zu einer Verkostung im Februar 2028 ein (es darf auch jeder andere Monat sein – schadet aber nicht, wenn es noch ein bisserl kühl ist) – und genießen sie jeden Tag die Vorfreude darauf!

Je jünger er geöffnet wird, desto eher dekantieren. Luft tut diesem edlen Tropfen gut und lässt ihn geradezu abheben. Ideal in 3–5 Jahren und dann bis 2040+.