IT-BIO-013
Absolute Rarität von ihrem knorrigen Bewahrer
Der Widerstandsgeist hatte am Nusserhof in Bozen schon immer eine Adresse. Südtiroler kennen die Geschichte von Josef Mayr-Nusser, der Leitfigur des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus, die 1945 dafür mit dem Leben bezahlte und mittlerweile von Papst Franziskus seliggesprochen wurde. Weinfreunde hingegen verehren die Sturheit von Heinrich Mayr, der den seit 1788 im Besitz der Familie befindlichen Hof heute mit Tochter Gloria führt. Ihm ist es praktisch allein zu verdanken, dass es die Rebsorte Blatterle in Italien überhaupt noch gibt. Gerade ein Viertelhektar davon gibt es, die das Erbe dieser Sorte (von Hermann Goethe 1878 als „Platterle“ beschrieben) hochhalten. Die weiße Sorte hat eine noch immer nicht geklärte Herkunftsgeschichte, war traditionell in Südtirol stark im Anbau und als „leichter, milder Tischwein“, wie es Goethe im „Handbuch der Ampelographie“ beschreibt, beliebt. Absurderweise schließt sich hier ein Kreis, denn auch heute muss dieser Schatz als „Tischwein“ (= vino da tavola) deklariert werden, weil es das italienische Weingesetz so will. Daher die ungewöhnlichen Elisionen beim Namen des „Bl.te.le“. Dass die Rebstöcke dazu noch wurzelecht sind, lässt Kenner zusätzlich hellhörig werden. Leider gibt es trotz der Versuche, die Sorte wieder zu vermehren, nicht viel von dieser nahezu als Monopoltraube des Nusserhofs zu bezeichnenden Rebsorte. 3.000 Flaschen beträgt die gesamte Produktion – angesichts dieser Fakten nimmt sich der Preis schon fast ridikül aus.
Heinrich und Gloria Mayr geben zudem ihrem Wein alle Zeit, die er braucht: Der mehrwöchigen Maischegärung folgen zehn Monate im großen Holzfass, die Flaschenreife beträgt weitere sieben Monate. Zu den Besonderheiten des Weines kommt auch eine goldgelbe Farbe im Glas, die der Besonderheit aus Bozen trefflich steht. Der Duft nach angetrockneten Aprikosen, Macis und eine Art süßer Rauch, der an karamellisierten Schweinebauch anstreift, erhöht die Neugierde. Knochentrocken und in entfernter Verwandtschaft zu Sherry – etwas Hefe und Nussschnecke sind zu merken – legt sich der Südtiroler auf den Gaumen. Ein Mundgefühl wie von brauner Butter erhöht die Attraktivität, die scheinbar ohne Frucht, dafür mit viel Struktur auskommt. Finale Salzanklänge ergeben ein tolles Match zu praktisch allen Meeresfrüchten. Grandioses Stöffchen auch zu Spargel mit Sauce Maltaise!
Ab sofort bis 2033
Selbst versierte Weintrinker werden das Nusserhof’schen „Blatterle“ nicht kennen. Doch die Begeisterung stellt sich von selbst ein – straffes Unikat!