Nusserhof
„Gloria“ Vino da Tavola, rosso 2020

Eine rare Schönheit und der vielleicht beste Lagrein überhaupt

Der Nusserhof in Bozen ist eine der magischen Weinorte Südtirols. Man würde ihn von der benachbarten Schnellstraße aus kaum wahrnehmen, doch hier zählen die inneren Werte. Einer der Weine, die den einzigartigen Ruf des Nusserhofs ausmachen, ist „Gloria“. Benannt nach der Frau, die heute das Weingut leitet, der Tochter von Heinrich Mayr, dessen Name nach wie vor auf dem Etikett prangt und der das Weingut jahrzehntelang geführt hat. „Gloria“ ist offiziell ein reiner Tafelwein, ein „vino da tavola“. Inoffiziell aber ist er ein reinsortiger Lagrein, in den nur die Trauben der ältesten Lagrein-Rebstöcke gelangen, die hinter dem Haus im Schwemmlandboden des Flüsschens Eisack wurzeln. 50 bis 80 Jahre alt sind die Stöcke, und es sind so wenige, dass pro Jahr nur etwa 700 Flaschen entstehen. Aber sie enthalten den mit ziemlicher Sicherheit besten Lagrein, den es gibt, und mit ebenso großer Sicherheit einen der herausragenden Rotweine Südtirols. Das liegt nicht nur an der strengen Selektion der Trauben (30 hl/ha), sondern auch daran, dass sie seit jeher naturnah und seit 1994 auch biologisch bewirtschaftet werden. Hinzu kommen die Spontangärung im Edelstahltank und der lange Ausbau von 30 Monaten im Holzfass und zwölf Monaten in der Flasche. Im Prinzip ist dieser Wein die Riserva-Variante des Lagreins. Ähnlich im Stil, aber noch tiefgründiger, noch etwas eleganter, feiner und präziser gezeichnet.

Im Antrunk duftet der tiefdunkelrote Lagrein zunächst nach Stein und Erde, nach dunkler Schokolade, nach Torf und Tannen, nach Kräutern und Oliventapenade. An der Luft kommen Noten von Schlehen, Pflaumen und Brombeeren hinzu, begleitet von einem Hauch Lakritze. Am Gaumen gelingt dem Wein die Quadratur des Kreises, wie man es sonst nur von den großen Weinen dieser Welt kennt. „Gloria“ ist unglaublich klar, präzise, frisch und energisch, mit feinen, aber griffigen Tanninen. Der Wein wirkt trocken und kühl mit einer Textur wie Gesteinsmehl. Gleichzeitig birgt der Lagrein einen süßen Kern einer sehr dunklen Frucht, die sich mit salziger, weicher Lakritze, etwas salzigem Rauchfleisch und Cassis verbindet. Dazu fließt die Säure so geradlinig durch den Wein wie die Eisack durch das Tal. Das ist ein ganz eigener Maßstab, den man an diesen Lagrein anlegen muss, und wenn man ihn überhaupt mit anderen Weinen vergleichen will, dann vielleicht mit einigen großen, kühlen Blaufränkischen aus dem Burgenland.

Ab sofort (gönnen Sie dem Wein Zeit und Luft) und bis Ende der 2030er-Jahre.