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Recaredo - Corpinnat - Penedès

Schaumweine so komplex und schön wie die Sagrada Família

Referenzklasse Recaredo

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Region
Penedès

Über viele Jahre hatten wir nicht einen einzigen spanischen Schaumwein mit traditioneller Flaschengärung im Programm. Vermisst hat ihn kaum jemand, zu ramponiert scheint das Image der Schäumer von der Iberischen Halbinsel, was sicherlich mehrere Gründe hat: Die Cavas der Riesen Freixenet und Codorníu, vor allem deren Zweit- und Drittmarken, haben sich in einem „Preis- und Qualitätslimbus“ eingerichtet. Selbst Produzenten, die nach echter Qualität streben, sind in diesem Sog gefangen, den die ewigen Rivalen Freixenet (seit März 2018 übrigens Teil der Henkell & Co. Sektkellerei-Gruppe – honni soit qui mal y pense!) und Codorníu entfacht haben. Eine gesunde Preisentwicklung hat seit einer gefühlten Ewigkeit nicht stattgefunden, vielen, nicht nur kleinen Häusern wird das Überleben beträchtlich erschwert. Keine rosigen Aussichten für einen traditionellen Weinstil der dennoch seine absolute Berechtigung hat. Selbst auf der Suche vor Ort nach „vino espumoso“ wird man seitens der dortigen Weinszene bisweilen mit Kopfschütteln bedacht. Aber ein Name fällt dann doch immer wieder: Recaredo – absolute Referenz unter Spaniens Schaumweinerzeugern und unbedingt und ohne jeden Zweifel einer der besten der Welt!

Von der Zeit lernen … Geschichte fortschreiben
„Aprenem del temps … seguim una història“ – dieser Satz findet sich auf der Homepage von Recaredo. Ein Satz der treffend den Charakter und die eigene Philosophie einfängt ohne viele Worte zu verlieren. Weder zählt Recaredo seit Urzeiten zur spanischen Weinprominenz wie etwa die Güter R. López de Heredia Viña Tondonia, Vega Sicilia oder Marqués de Murrieta, noch zu den „Kometen“ der letzten Dekaden wie Álvaro Palacios, Telmo Rodríguez, Peter Sisseck oder Raúl Pérez. Die Entwicklung bei Recaredo war ein sehr langer, stetiger Prozess der vor fast 100 Jahren seinen Anfang nahm und noch immer nicht vollständig abschlossen ist.

Mit Hacke und Schaufel
Im Jahr 1924 legte Josep Mata Capellades den Grundstein für jenes Haus, das wir heute als „Recaredo“ kennen und das seit 1944 den Namen von Joseps Vater, Recaredo Mata Figueres, trägt. Der gelernte Degorgier-Meister („maestro del degüelle“) und Weinmacher Josep erbaute unter seinem Haus inmitten des historischen Kerns der Stadt Sant Sadurní d’Anoia seine „cavas“, jene Kellner in denen die traditionellen Schaumweine entstehen und reifen. Josep lässt sich kaum wirklich fassen und in eine Schublade stecken, er war Arbeiter, Gründer, Pionier, Modernist und Traditionalist gleichermaßen. In den 1940ern Jahren ist er zusammen mit Josep Mestres der Erste, der seine Weine ohne Süßreserve degorgiert, also ausschließlich Brut Nature produziert (das Patent darauf allerdings sicherte sich Mestres 1948 mit seinem „Visol“). In dieser Zeitraum widmet er sich – ganz Pionier – dem Ausbau seiner Grundweine in Barriques. Zudem legte er den Fokus auf eine außerordentlich lange Flaschenreife sowie auf die autochthone Rebsorte Xarel·lo als Protagonistin. Das Fundament für Recaredos eigenen Weg und Stil war geschaffen.

Bewahrer des Kunsthandwerks
Den einfachen Weg hat man bei Recaredo nie gewählt. Nach politisch wie wirtschaftlich schwierigen Phasen erlag Josep nicht dem Industrialisierungswahn. Ihm war es nicht um Effizienz zu tun, sondern um kompromisslose Qualität und eigene Identität – damals wie heute die übergeordneten Ziele. Als in den 1950ern Kronkorken allerorten die Naturkorken bei der Schaumweinherstellung ablösten, verweigerte sich Recaredo dem allgemeinen Trend und hielt dem Naturprodukt die Treue. Bis heute werden wie in der Anfangszeit sämtliche Flaschen handgerüttelt und natürlich bzw. warm degorgiert (dégorgement à la volée, und nicht wie heute üblich mittels Kältebad).

Generationenübergreifendes Wirken
Joseps Söhne Josep und Antonio Mata sind die „Macher“ der zweiten Generation bei „Can Credo“, wie Recaredo liebevoll im familiären Kreis genannt wird. Viele Jahre arbeiten sie an der Seite ihres Vaters und treffen gemeinsam Entscheidungen. Als Triumvirat erschaffen sie im Jahr 1962 Recaredos „Reserva Particular“. Bis heute gilt dieser Wein als Insignie des Hauses, ein puristischer Herkunftswein, der wie keiner vor ihm, die kalkhaltigen Lagen des Alto Penedés mitsamt der alten Xarel·lo- und Macabeo-Reben interpretiert. Eine Hommage und allzeit gültiges, immerwährendes Versprechen an das heimische Terroir, dem sich Josep und Antonio verpflichtet fühlen. Ab 1975 leiten die beiden alleinverantwortlich die Geschicke bei Recaredo, unter ihrer Ägide wird den eigenen Weinbergen, Grundvoraussetzung und essenzielles Element ihrer Arbeit, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Es hat den Anschein, als entdeckte die Weinwelt erstmals den Kosmos der Winzer- oder Herkunftsschaumweine für sich.

Die ewige Wiederkehr des Wahren, Schönen
Ab 1990 holen die Brüder Josep und Antoni die dritte Generation mit ins Boot. Erfahrung und Wissen der alten Hasen, nun gepaart mit dem Wissensdurst, den neuen Ideen und der Schaffenskraft einer jungen Garde, die sich anschickt die Schaumweinwelt zu „revolutionieren“ – das hat bei Recaredo schon einmal sehr gut funktioniert, gilt daher von jeher als Modus Operandi. In den Augen der Familie Mata ist Recaredos Entwicklung hin zu einer ab 2006 konsequent biodynamischen Bewirtschaftung der logische Schritt: „Um voran zu kommen, treten wir einen Schritt zurück, beobachten und hören der Natur zu, um Antworten zu finden.“ Der Verzicht auf chemische Düngemittel, Herbizide oder Fungizide erhöht zunächst das Risiko und mindert die Erträge – für Recaredo exisitiert allerdings keine gangbare Alternative „Es gibt keine Weine mit der Essenz der Landschaft, wenn wir uns nicht um die Landschaft selbst kümmern und diese respektieren.“ Und nichts fängt diese Essenz besser ein als ein originärer, völlig individueller Lagenwein wie der „Turó d’en Mota“ aus der letzten Lese des alten Jahrtausends (1999), einer singulären Lage (gleichen Namens) und einer einzigen Rebsorte (Xarel·lo). Zumal, wenn bei diesem Wein die „crianza“ (wörtlich: „Erziehung“) ein gerütteltes Maß an Aufmerksamkeit und Zeit inklusive eines 100-monatigen Hefelagers beinhaltet.

Totale Kontrolle
Aktuell bewirtschaftet Recaredo 65 Hektar Rebfläche, seit 2010 gehören sämtliche Lage der Familie Mata. Stolz nennt man sich „récoltant-manipulant“ wie die Kollegen aus der Champagne, die nur eigene Trauben verarbeiten, was weder in Frankreich noch Spanien alltäglich ist. Aber nur so lässt sich langfristig höchste Qualität gewährleisten. Sämtliche Weine sind „Vintages“, zudem allesamt Brut Nature – auf das Korrektiv „Dosage“ wird bewusst verzichtet! Ein weiteres entscheidendes Qualitätskriterium bei Recaredo ist zudem die außergewöhnlich lange Flaschenreife die jeder Schaumwein des Hauses durchläuft. Mit einem absoluten Minimum von 30 Monaten Hefelager erfüllen selbst die „kleinsten“ Weine die Vorgaben für eine Gran Reserva nach der Klassifikationpyramide der D. O. Cava – der Recaredo 2018 allerdings den Rücken gekehrt und sich mit gleichgesinnten eine neue Heimat geschaffen hat: „Corpinnat!“

Kurze Geschichte von Schaum und Perlenspiel
Was in Spanien in den 1840-ern noch zögerlich perlte, nahm spätestens ab 1872 seinen sprudelnden Lauf, als in Sant Sadurní d’Anoia, dem katalanischen Äquivalent zu Épernay, Josep Raventós erstmals spanischen Schaumwein (Marke: Codorníu) in entsprechenden Mengen produzierte, damals noch auf Basis klassischer Champagnertrauben wie Chardonnay und Pinot Noir (heute beflügeln vor allem Xarel·lo, Parellada und Macabeo diese Schaumweine), natürlich als „champán“ und nach „método champañés“. 1957 allerdings beanspruchte Frankreich das alleinige Namens- und Verwendungsrecht für „Champagner“ ebenso wie die „Methode“ für sich – der „Vino de Cava“, seit dem 1. September 1994 nach „método tradicional“, wurde aus der Taufe gehoben, Rufname: „Cava“. Die Benamsung ist an Fantasielosigkeit kaum zu übertreffen – cava, weil Wein aus einem unterirdischen Keller, der im Spanischen (man glaubt’s kaum) cava heißt. Seit diesem Neuanfang hat sich viel getan. Es musste sich auch viel tun, denn trotz der immensen Beliebtheit, der sich die Schaumweine mengenmäßig vor allem im Ausland erfreuten, verließen 2012 und 2014 insgesamt 15 wichtige, von den Qualitätsanforderungen des Verbands und seiner Kontrolle enttäuschte Erzeuger die D.O. Cava. Der Exodus war damit aber noch nicht beendet: In einer dritten „Eskalationsstufe“ kehrten dann weitere sechs Top-Produzenten der Dachmarke den Rücken, mittlerweile sind es zehn Betriebe, die sich als „Corpinnat“ („Herz des Penedès“) neu positioniert haben und mit ihren kontrolliert biologisch oder biodynamisch produzierten Schäumern (reine Handlese eigenen Traubenmaterials, Ertragsreduzierung, längere Flaschenreifung) eine Qualität auf die Flasche bringen, die man nur bejubeln kann. Für den Konsumenten ist diese neue Weinmarke ein Glücksfall. Recaredo, Gramona, Llopart, Sabaté i Coca, Nadal, Torelló, Huguet-Can Feixes, Júlia Bernet, Mas Candí und Can Descregut – zehn Namen, die man sich merken kann, Corpinnat der, den man sich unbedingt merken sollte! Mittlerweile gilt für die D. O. Cava, deren Mitglieder in insgesamt 160 Gemeinden der Provinzen Valencia, Navarra, Extremadura, Aragón und Burgos Schaumwein produzieren, ein neues Regelwerk, das im Juli 2019 einstimmig angenommen wurde – man darf hoffen, dass man sich nun vor allem der Probleme im Basisbereich annimmt, denn noch immer finden sich Schaumweine mit D. O.-Siegel zu empörenden Dumpingpreisen (zwei Euro und weniger sind keine Seltenheit) am Markt. Angesichts der neuen Top-Kategorie „Cava de Paraje Calificado“ ein mittlerer Skandal …

Nimmermüde und rastlos
Wer glaubt, dass man bei Recaredo nach einer nahezu 100-jährigen Geschichte und konsequenten Weiterentwicklung am Kulminationspunkt angekommen sei und fortan innehielte, irrt gewaltig! Selbst kleinste Details werden überdacht und im Sinne des eigenen Credos überdacht. So besteht etwa die tirage (der Starter für die zweite Gärung) nicht mehr wie allgemein üblich aus dem Cocktail Hefe und Zucker, sondern nunmehr aus wilden Hefen aus den eigenen Weinberge und süßem Most – natürlich ebenfalls aus eigenen Trauben. Quasi beiläufig erfüllt Recaredo zudem die strengen Demeter-Auflagen, da dies nicht als zusätzliche oder gar lästige Pflichtaufgabe, sondern vielmehr als notwendiger Schritt auf dem Weg zu einem besonderen Wein angesehen wird.

Recaredo – schon aus Prinzip!
Land, Leben, Zeit und Identität sind die Grundpfeiler der Betriebsphilosophie. Bei Recaredo besteht eine tiefe Verbundenheit zum heimischen Grund und Boden. Das Terroir des Alto Penedés ist für Charakter und Güte der Weine fundamental. Generationsübergreifend versteht man sich bei Recaredo als „artisans of the land“ und Verbündete der Natur, Habitat und Umwelt. Es sind echte „slow wines“, von Hand gerüttelt, ultralange gereift und von Hand warm degorgiert. Recaredos Identität dient als Gradmesser, Triebfeder und Spiegel für den Blick in die Vergangenheit und eine erfolgreiche Zukunft.

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